TRITTST IN BLAU UND ROT DAHER




Zu keinem Zeitpunkt haben wir ernsthaft geplant, am Sonntag nach Luzern zu fahren, aber die Finte ist gelungen: «Muttenzerkurve will Bundesfeier crashen». Entgegen dem sonst normalen Reaktionsmuster haben die Verantwortlichen im Organisationskomitee und bei den Behörden jedoch zumindest nach aussen von Anfang an einen kühlen Kopf bewahrt. Absurderweise wurden wir sogar herzlich willkommen geheissen, obwohl ursprünglich eine mögliche Kollision mit der Bundesfeier durch sich in der Innenstadt aufhaltende FCB-Fans von der Polizei als Grund für die Spielverschiebung genannt wurde. Auch die Medien mit ihren oft reisserischen Artikeln sowie die populistischen Politiker:innen waren vergleichsweise zurückhaltend. Hinter den Kulissen hat unser Aufruf aber für die eine oder andere Schweissperle sowie Mehraufwände gesorgt. Wären wir wirklich gekommen, wäre dies sicher nicht im Interesse der Sicherheitsverantwortlichen gewesen.

Dabei versprechen die Hardliner:innen bei den Behörden und in der Politik mit ihren Massnahmen eigentlich genau das Gegenteil: Weniger Aufwand und mehr Sicherheit – egal ob personalisierte Tickets, verschärftes Hooligankonkordat in den Kantonen BS/BL oder verbotene Fanmärsche in Luzern. In der Vergangenheit wurde dies bereits immer wieder aufs Neue widerlegt, denn in Tat und Wahrheit werden so weitaus mehr oder gar neue Probleme geschaffen. Die Massnahmen rufen bei den Fankurven Gegenaktionen sowie Ausweichmanöver hervor und verschaffen den Hardliner:innen in den Reihen der Kurven Aufwind. Doch eigentlich gäbe es ein Vorgehen, dass sich schon früher langfristig bewährt hat: Kühlen Kopf bewahren, Einbezug der relevanten Akteure und pragmatische Aufarbeitung mit allenfalls simplen und zweckdienlichen Massnahmen. Eine solche Aufarbeitung gab es in Luzern aber weder nach den Vorfällen im vergangenen Februar noch nach deren Vorgeschichte beim vorherigen Spiel.

In Luzern war das Verbot des Fanmarschs ohne Not der Ursprung eines Katz-und-Maus-Spiels, welches mit unserer Finte nun um ein Kapitel reicher ist. Wir hoffen, dass zumindest die dortigen Politiker:innen und Behörden den von ihnen einseitig eingeschlagenen Weg mittlerweile als Sackgasse erkannt haben. Es wäre an der Zeit für einen Schritt zurück ohne Gesichtsverlust: Zurück zum Dialog, zurück zu einer insgesamt stabilen Situation, zurück zu einer grösstenteils kanalisierten Anreise mit Extrazug und Fanmarsch. Diese verlief seit Jahren in den allermeisten Fällen ohne nennenswerte Vorkommnisse oder Gefahren für Aussenstehende.

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