Schreyhals 41
7. DEZEMBER 2013 FC BASEL 1893 – GC
Das Rayonverbot als Einschränkung des Grundrechts der Bewegungsfreiheit
Von den Massnahmen, welche in der revidierten Fassung des Hooligankonkordats vorgesehen sind, wird das Rayonverbot mit Abstand am häufigsten verfügt. Im folgenden Text folgt ein kurze Übersicht, worauf bei einer verfassungskonformen Verfügung eines Rayonverbots geachtet werden muss, und wo sich in der Praxis diesbezüglich in der Vergangenheit Problem aufgeworfen haben.
Formelle Voraussetzung
Wird ein Rayonverbot ausgesprochen, so sind in der Verfügung, neben den Angaben zur Geltungsdauer und dem räumlichen Geltungsbereich, nach Art. 5 Abs. 1 revKonkordat auch die «Angaben beizufügen, die es der betroffenen Person erlauben, genaue Kenntnis über die vom Verbot erfassten Rayons zu erhalten.» Gemäss dem Bericht der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren zum revidierten Konkordat, soll diese Möglichkeit zur Kenntnisnahme durch das Aufschalten der betroffenen Rayons auf einer Internetseite sichergestellt werden. Dieses Vorgehen, welches der Betroffene einleiten muss, um an die genauen Angaben der vom Verbot erfassten Rayons zu gelangen, widerspricht einem früheren Entscheid des Bundesgerichts. Dieser besagt, dass «eine verfügte Anordnung so genau sein muss, dass der Betroffene sein Verhalten danach ausgestalten kann.» Nach den Vorgaben des Berichts der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren bedarf es aber eines zusätzlichen Aufwandes des Betroffenen, um an die entsprechenden Informationen zu gelangen.
Das Rayonverbot als Einschränkung des Grundrechts der Bewegungsfreiheit
Ein Rayonverbot muss sich also bei ihrer Anordnung in zeitlicher, sachlicher und räumlicher Hinsicht auf das Notwendige beschränken. Das Bundesgericht erkannte (sie prüfte die Grundrechtsvereinbarkeit der Massnahmen der alten Fassung des Konkordats), dass Rayonverbote je nach Einzelfall entsprechend verfügt werden können, und dem Betroffenen genau umschriebene Ausnahmen eingeräumt werden können. Diese Umstände bezeugen nach Ansicht des Bundesgerichts, dass Rayonverbote dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit nach Art. 36 Abs. 3 der Bundesverfassung standhalten können, d.h. verfassungskonform angewendet werden können.
In der Vergangenheit hat es sich aber gezeigt, dass dieser Grundsatz in der Praxis in vielen Fällen missachtet wurde, die hohe Anzahl von erfolgreichen Beschwerden gegen verfügte Rayonverbote zeigt dies deutlich. Ein Blick in die Statistik des Kanton Zürich aus dem Jahr 2008 zeigt, dass gegen 83 Rayonverbote insgesamt 20 Beschwerden geführt wurden, wobei nur in zwei Fällen die Beschwerde abgewiesen wurde. In einem Fall aus dem Kanton Wallis, in der ein FCB Fan ein Rayonverbot für «alle sportliche Veranstaltungen im Wallis» erhielt, wurde eine dagegen geführte Beschwerde gutgeheissen. Berücksichtigt man die Tatsache, dass aufgrund der hohen Kosten, welche allfällige rechtliche Schritte gegen Rayonverbote mit sich führen, viele von einer Beschwerde abschreckt, so könnte diese Anzahl erfolgreicher Beschwerden viel höher ausfallen. Zusätzlich wurde der Ermessensspielraum der Behörden im revidierten Konkordat in zeitlicher und räumlicher Hinsicht vergrössert. Rayonverbote können neu auch durch die Behörde des Kantons, in der die betroffene Person wohnhaft ist oder durch die kantonale Behörde, in dem der Klub, zu der die betroffene Person in Beziehung steht, verfügt werden. Dazu hat sich die Minimaldauer eines möglichen Rayonverbots auf ein Jahr verlängert, die Maximaldauer kann neu drei Jahre betragen. Dabei wurde die Dauer des Rayonverbots zwar an jenem des Stadionverbots angepasst, um dem Kaskadensystem der Massnahmen Rechnung zu tragen, jedoch ist die Gleichsetzung dieser beiden Massnahmen, wie dies von der KKJPD vorgenommen wird, zu hinterfragen. Denn beim Stadionverbot handelt es sich um ein privatrechtliches Hausverbot, ein Rayonverbot wiederum grenzt den Betroffen aus Teilen des öffentlichen Raumes aus.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Rayonverbote verfassungskonform verfügt werden können. In vielen Fällen wurde diese verwaltungsrechtliche Massnahme aber nicht in zeitlicher, sachlicher und räumlicher Hinsicht auf das Notwendige beschränkt. Die Erweiterung des Ermessenspielraums der Behörden in der revidierten Fassung des Konkordats könnte dazu führen, dass sich die Anzahl von unverhältnismässig verfügten Rayonverboten in Zukunft vergrössern wird.