Schreyhals 16

Schreyhals 16

EUROPEADA

Abseits der EURO fand diesen Sommer ein bemerkenswertes europäisches Fussballturnier in den Schweizer Bergen statt. Eines für das sich sogar ein Team aus Grossbritannien qualifizieren konnte – eines, das den Besuch wert war: Die EUROPEADA; den Organisatoren sind diese Zeilen gewidmet.

Die EUROPEADA 2008 war die «Fußball-Europameisterschaft der sprachlichen (autochthonen) Minderheiten», die von der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) organisiert wurde. Sie fand vom 31. Mai bis zum 7. Juni 2008 auf den Sportplätzen entlang des Vorderrheins zwischen Sedrun und Chur statt, während auf dem Oberalppass noch Schnee lag. 20 Teams nahmen an diesem Turnier teil, darunter Minderheiten wie Sorben, Okzitaner, Aromunen,
Zimbrer, Waliser, natürlich Rätoromanen und sogar eine Frauenmannschaft aus Nordfriesland. Drei Mannschaften mussten ihre Anmeldung leider wieder zurückziehen: die Slowenen aus Italien, die Lemken und die Aromunen aus Mazedonien, die nicht rechtzeitig ein Einreise Visum erhalten haben.
Das Finale gewannen die Südtiroler gegen die kroatische Minderheit in Serbien mit 1:0. Das Ziel der Veranstaltung war es, auf die sprachlichen Minderheiten in Europa aufmerksam zu machen und ihnen eine Möglichkeit zur Vernetzung zu bieten doch das Medienecho blieb leider unter den Erwartungen.
Im Gruppenspiel zwischen den Sorben und den Zimbrern, das auf dem Sportplatz zu Trun ausgetragen wird, ist der Schreyhals zuerst zu Gast. Ein Grill, ein Klubhäuschen, an dem Getränke ausgeschenkt werden und einige Bänke für die knapp 200 Zuschauer sind die einzige Infrastruktur, die vom Spiel ablenken kann. Die Sorben sind ein slawisches Volk, das in Sachsen und Brandenburg beheimatet ist. Unterstützt werden sie vom mdr. Die Kollegen vom mdr machen sich sogleich daran ihren ipod an die Musikanlage zu kabeln und die Hymne der Sorben abzuspielen. Und die Sorbische Mannschaft singt mit, in slawischem Sorbisch. Der Gegner sind die Zimbrer, die aus einer Hochebene des italienischen Trentin stammen, was ein klarer Vorteil ist, sind sie doch diese Höhenlagen gewohnt. Leider haben aber die Zimbrer ihre Sprache nicht mitgebracht, sondern unterhalten sich fleissig auf Italienisch.
Das Spiel beginnt spannend und vielversprechend. Bereits nach fünf Minuten gibt es den ersten Lattenknaller für die Zimbrer. Kurz darauf landet der Ball auf der Nebenstrasse und der Linienrichter rennt ihm nach. Das Spiel bleibt hektisch und nach ca 10 Minuten gibt es im anderen Seitenaus die erste Ballberührung für den Schreyhals und einen erneuten Einwurf für die Sorben, mit dem offiziellen EM Ball. Nach einem Regenbruch endet das Spiel 0:0 unentschieden. Doch bereits in der Halbzeit geht es weiter, raus aus dem Regen nach Ilanz. Die Beschilderung der Spielfelder ist verbesserungswürdig, doch die Ilanzer sehr hilfsbereit: «Was Stadion? Wir sind hier nicht in Basel. Der Sportplatz liegt dort hinten.» Bereits die Zufahrt zum Sportplatz ist völlig zugeparkt und das ganze Tal ist gekommen, um seine Rätoromanen anzufeuern, es wird von knapp 3000 Zuschauern gesprochen. Die Rätoromanen spielen gegen die Deutschen in Polen in einem Spiel das ohne Regen auf einem deutlich höheren und engagierteren Niveau stattfindet. Auch im Zuschauerpulk spricht man vorwiegend romanisch. Und so ist die Enttäuschung gross als der Schiedsrichter zum Penalty gegen die Rätoromanen pfeift, der dieses Spiel, das 3:1 endet, vorentschieden hat.
Dann folgt noch ein Besuch für die letzten Spielminuten in Laax, wo die Nordfriesinnen gegen die Kroaten in Serbien
auch dieses Spiel hoch verlieren – mit 2:21, leider für die Nordfriesinnen an diesem Turnier kein untypisches Ergebnis. Und doch waren sich alle einig, dass diese Frauenmannschaft einklarer Gewinn für dieses Turnier war.

Die Meisterschaft sollte auch in Zukunft den Charakter einer kulturellen, sportlichen und freiwilligen Begegnung beibehalten.

Engagiert war auch ihre gewissenhafte Vorbereitung auf dem höchstgelegenen Platz in Friesland auf 35 Metern über Meer.
Die Südtiroler haben dieses Turnier gewonnen, nicht zuletzt dank den zwei Spielern aus der Serie C2. Gewonnen haben auch der Fussball und die Gastfreundschaft an diesem sympathischen Turnier. Es hat grossen Spass gemacht engagiertem Fussball auf Holzbänken neben dem Grill zuzuschauen und dabei Bier aus der Region zu trinken. Die Organisation der EUROPEADA 2008 wertet den Anlass und somit die erste Durchführung einer Europameisterschaft der sprachlichen Minderheiten im Fussball als ein Erfolg. Die Meisterschaft sollte auch in Zukunft den Charakter einer kulturellen, sportlichen und freiwilligen Begegnung beibehalten.
Eine Neuauflage der EUROPEADA ist für das Jahr 2010 vorgesehen. Südtirol und die Lausitz haben sich bereits als
Veranstalter beworben.