Schreyhals 21
09. NOVÄMBER 2009, FC BASEL – Neuchâtel Xamax
Fulham FC – FC Basel 1893
Anfang Oktober machte sich unser geliebter FCB auf den Weg ins Mutterland des Fussballs, um erstmals in seiner Geschichte drei Punkte von der Insel mit nach Hause zu nehmen. Dabei prallten, wie immer in England, auch zwei völlig gegensetzliche Fankulturen aufeinander.
London
Auffallend war die enorme Video Überwachung, praktisch an jeder Kreuzung, in jeder Gasse und an jeder Ampel waren Kameras zu finden, Big Brother is watching you, und in London scheint die grosse Schwester auch dabei zu sein. Gewinnt die Weltstadt dadurch auch an Sicherheit? Mitnichten! Statistiken beweisen, dass die Überwachungskameras keinen Einfluss haben auf die Verbrechensbekämpfung. Trotzdem werden Millionen investiert und es sind derzeit über 10 000 Kameras alleine in Stadtteilen in London installiert. Das solche Kameras kein Allheilmittel sind was die öffentliche Sicherheit angeht, sollte man sich stets vor Augen führen.
Was uns als treue Anhänger im Stadion erwarten würde, konnte man im Vorfeld bereits erahnen, wir waren schliesslich nicht das erste Mal zu Gast auf der (in fussballerischer und fantechnischer Hinsicht) so hoch gelobten Insel. Bald wurde jedem mitgereisten Fan klar, dass hier wiederum zwei unterschiedlich gelebte Fankulturen aufeinander treffen würden. Wir Basler haben die Kultur des «queuing» noch nicht derart verinnerlicht wie die Engländer, was die anwesenden Stewards bereits beim Stadioneingang ein erstes Mal laut werden liess. Mit sehr viel Mühe konnten sie schlussendlich die äusserst chaotische Schlange doch noch ertragen und liessen ein um den anderen Basler herein. Schwenkfahnen und Doppelhalter als Träger unserer optischen Unterstützung wurden wie man (leider) vermuten konnte nicht hineingelassen und so mussten wir uns von Beginn an ganz auf den akustischen Support konzentrieren.
Man hätte ja mit einem solch wedelnden Teil auch einem bezahlenden Fussballkonsument das Sichtfeld erheblich einschränken können…
Im Stadion
Ist es für uns normal, ein Spiel im Stehen zu verfolgen und mitzufiebern, so stösst man in England bereits auf den ersten Groll der Stewards, die mühsam versuchen für (ihre) Ordnung im Stadion einzustehen. Sitzen sollten alle und irgendwo draufstehen ist sozusagen «unterste Schublade». Treppen müssen unbedingt frei bleiben, un Raucher wurden immer wieder raus gepickt und ermahnt, die geschulten Blicke der anwesenden Stewards suchten immer wieder aufsteigende Rauchwolken um ihren Job stets korrekt auszuführen.
Mit der Zeit schien der Qualm aber derart gross, dass es selbst den pflichtbewussten englischen Stewards zu blöd wurde überall hinzurennen. Es ist schon befremdend, wie sich der Grossteil der im Stadion anwesenden Zuschauer derart einengen lässt, sich diesen Schikanen unterwirft, wo kaum noch Raum bleibt sich frei zu bewegen, geschweige denn seinen Emotionen freien Lauf zu lassen ohne einen schrägen Blick des Nachbars dafür zu ernten.
Der Support unsererseits war trotz diesen Widrigkeiten fantastisch, ich muss allen mitgereisten Anhängern ein Kränzchen winden. Wohl ziemlich verdutzt hat da der eine oder andere Fulham-Fan aus der Wäsche gekuckt oder das Stadion mit einem pfeifenden Ohr verlassen. Stehend, hüpfend und mit lautstarker Stimme wurde die
Mannschaft 90 Minten lang nach vorne gepeitscht und das alte Stadion mit dem Holzdach hat seinen Teil dazu beigetragen, eine gute Atmosphäre hinzuzaubern. «What the f*** are they doing? They’re chantin before the game has even begun! I bet they’ll all be exhausted as soon as the match starts! Ha ha!», hörte ich noch vor dem Spiel ein Engländer sich mokieren. «No shit mate, they’re still singing and jumping and all, even though they lost the game – crazy bastards!», hiess es dann nach dem Spiel.
Um ein Englandspiel älter und weiser und mit erhobenem Haupt, wie die Mannschaft, konnten wir uns wieder auf die Heimreise begeben – im Wissen darum die Farben Rot und Blau einmal mehr mit Würde vertreten und lautstark repräsentiert zu haben oder wie es ein Fulham-Supporter treffend in seinem Forum ausgedrückt hat:
The contrast at the half-time whistle summed up the difference in attitude: the silent majority of Fulham supporters stood up for the first time – whereas the Basel fans all sat down for the first time.