Schreyhals 19
FC Basel 1893 – Fc Sion, 02.05.2009
DER FCB – ein Kartenhaus?
Nach anfänglichen Schwierigkeiten zum Rückrundenstart ist der FCB wieder auf Touren gekommen. Mit dem Heimspiel gegen den FCZ vom 22. Februar scheint die Wende gekommen zu sein. Der FCB legte eine Serie hin, in welcher er jeden Match für sich entscheiden konnte. Auch in Sachen Einsatz und Kampf gelang dem Team wieder etwas. Dennoch bleibt die Frage, wie es kommt, dass die Mannschaft teilweise komplett von der Rolle zu sein scheint? Wieso die Stürmer – pardon – die jeweils nominierte Sturmspitze selten oder nie trifft und der Abwehr manchmal haarsträubende Fehler unterlaufen? Wieso sah man zu Beginn der Saison derart viele Abspielfehler? Warum weiss man schon zur Halbzeit, welcher Spieler in welcher Minute ausgewechselt wird? Und wird mit der Vertragsverlängerung von Christian Gross sich etwas ändern?
Es läuft rund beim FCB.
Im vergangenen Winter wurde eine weitreichende Entscheidung getroffen: Der FCB-Vorstand hat den Vertrag mit Christian Gross wieder einmal verlängert. Lange wurde mit einem Abgang des Zürcher Erfolgscoach spekuliert – man erwartete, dass sich die Wege des FCB und Gross nach zehn Jahren trennen werden. Das Kandidatenkarusell drehte sich lange vor der Bekanntgabe des Entscheides, zig Namen wurden herumgeboten, einige brachten sich gar selbst ins Gespräch. Doch der FCB entschied sich für die Kontinuität – es bleibt alles wie es war – scheinbar. Die Teilnahme an der (heiligen) Championsleague scheint Gross’ Position derart gestärkt zu haben, dass jegliche Zweifel an ihm abprallen – und es scheint, dass er von niemandem ersetzt werden könnte. Mit Gross weiss man, was man hat. Man kennt seien Ansprüche und seine Philosophie. Man kennt auch seine immer wieder gleichen Erklärungen und seine Sprüche. Man habe eine starke Mannschaft, sei gut vorbereitet. Der Gegner allerdings auch, die sind auch stark oder man darf sie zumindest auf keinen Fall unterschätzen. Hinten kompakt stehen ist wichtig. Das ist uns gelungen, leider konnten wir vorne zu wenig Druck entwickeln. Aber von einem erfahrenen Spieler wie (als Beispiel sei Streller genannt) erwarte ich im nächsten Spiel mehr.
Machtvakuum?
Seit Beginn seines Engagement beim FCB hat Bernhard Heusler vieles zum Positiven verändert. Für mich als Fan aus der Muttenzerkurve ist es sehr beruhigend, jemanden im Vorstand zu haben, der uns Fans nicht nur mit Vorurteilen und Vorwürfen begegnet. Er hat aber auch in den anderen Bereichen seiner Tätigkeit sehr gute Arbeit geleistet. Die NZZ schreibt über ihn: „häufig war er das Sprachrohr des Klubs, in der Öffentlichkeit wird er als eloquenter Sympathieträger wahrgenommen und gilt als glaubwürdig.“ (22.01.09) Während Gigi Oeri langsam ins zweite Glied und damit aus der „Schusslinie“ zurück tritt, hat sich Heusler mit der Übernahme der operativen Führung einen grossen Teil der Verantwortung aufgeladen. Der Druck, den sich der FCB jedes Jahr selbst macht, also die Pflicht, die Meister zu werden, lastet nun auch auf seinen Schultern. Doch könnte man ihm allfälliges Versagen vorwerfen, sollten die Ziele nicht erreicht werden? Ist es seine Verantwortung, wenn es der Mannschaft nicht läuft?
Auf der anderen Seite steht der Machtmensch Gross – seine Position ist im Verein unbestritten. Man lobt seine Erfahrung, seine Fähigkeit die Mannschaft zu motivieren, seine akribische Vorbereitung und schlussendlich, seine (vergangenen) Erfolge, besonders die jüngste Qualifikation für die Championsleague, jenem Ziel, dem man seit 2002 hinterher hechelte, wird oft genannt. Er stellt die Mannschaft zusammen, er bestimmt, wer mit ihm zusammenarbeitet. Was er anpackt, wird fast immer zu Gold. Als Trainer ist er logischerweise auch für die Mannschaftsaufstellung verantwortlich – und genau hier scheiden sich die Geister. Hören die Spieler ihren Trainer noch? Verstehen sie ihn? Woran liegt es, dass Führungsspieler wie Streller oder Ergic in monatelangen Formtiefs stecken und dennoch durchspielen? Gibt es Anzeichen auf eine gewisse Unruhe innerhalb der Mannschaft?
Neben der bekannten Sturheit des Übungsleiters fragt man sich über die als unattraktiv bewerteten Spielweise der Mannschaft. Auf der einen Seite ist da ein Publikum, das neben dem Titel, auch noch gute Unterhaltung wünscht. Da kann man es im Stadion klingeln und jingeln lassen, so viel man will, ohne flotten Angriffsfussball, wie die Konkurrenz es teilweise vollführt, läuft da nichts. So waren, vor allem in den ersten Partien flüssige Angriffe und Torszenen des FCB Mangelware. Dazu kamen uninspirierte Fehlpassorgien und teilweise ungenügender Einsatz gewisser Spieler. Dennoch veränderte sich das Gesicht der Startelf nur bei Sperren oder Verletzungen – eine Sache, die für viele Fans unverständlich ist. Und dennoch, wieder scheint es, als würde der „Erfolg“, die zeitweilige Tabellen führung dem Trainer Recht geben. Er macht alles richtig – immer!
Sollte der FCB den Titel holen, wird wohl vieles unter dem Deckmantel des Erfolgs bleiben und der Status quo weitergeführt. Aber was, wenn nicht? Würden einige Führungsspieler den Verein verlassen und müsste Gross (mal wieder) einen Neuanfang mit einer jungen Mannschaft wagen? Würden dann die jungen, hungrigen Talente wie Stocker, Frei oder auch Ferati in neue Rollen hineinwachsen, so wie es vor drei Jahren Kuzmanovic oder Rakitic taten und dann den Verein auch bald verlassen? Und was passiert, wenn diese Vorhaben scheitern sollten? In diesem Falle hat auch ein Bernhard Heusler die Verantwortung mittragen. Und was dann? Könnten dann Konsequenzen gezogen werden? Den Trainer einfach zu entlassen ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit – besonders wenn er gerade mit einem neuen Vertrag ausgestattet wurde. Damit sich dann die Situation ändert, müssten unglaubliche Mengen Porzellan zerschlagen werden und der FCB am Rande des (sportlichen) Abgrundes stehen, so weit dürfte es wohl kaum kommen.
Angst vor dem eigenen Mut?
Ich schreibe hier im Konjunktiv, dessen bin ich mir bewusst. Aber warum bringt sich der FCB in eine solche Situation, die weitreichende negative Folgen mit sich bringen könnte? Die sportliche Kompetenz beim FCB ist sehr begrenzt. Ausser Christian Gross verfügt nur noch Ruedi Zbinden über das Wissen und die nötige Fachkompetenz. In der Hierarchie steht er allerdings unter Gross und fungiert nur als Berater. Die Entscheidungskompetenz liegt beim Trainer, in Abstimmung mit dem Vorstand. Doch wer würde sich denn auf die Suche nach einem neuen Trainer machen? Frau Oeri, Herr Heusler? Ich möchte beiden nicht absprechen, dass sie über ein ähnliches Grundwissen in sportlichen Fragen verfügen wie fast alle anderen im Joggeli. Aber in einem solchen Fall muss nicht nur über die Finanzierbarkeit sondern vor allem auch über die sportlichen Kompetenzen eines Kandidaten entschieden werden. Die Sorge, in diesem Falle eine falsche Entscheidung zu treffen und später im Kreuzfeuer der Kritik zu stehen hat wohl überwogen. Man hat sich für die scheinbar sichere Variante entschieden. Schließlich hatte der FCB unter Gross viele Erfolge zu verzeichnen. Das der Schuss nach hinten losgehen könnte, weil Gross die Mannschaft schon lange nicht mehr führt, wurde schlichtweg verdrängt.
Es war Mutlosigkeit, die zur Vertragsverlängerung führte. In der Hoffnung, dass wir den (erwarteten) Meistertitel hoffen und in der neuen Saison alles wieder normal läuft und man sich wieder für die „Königsklasse“ qualifizieren kann.
Bernhard Heusler sollte aber dringend versuchen, das Heft wieder in die Hand zu nehmen. Anders als unter Gigi Oeri, bei der man stets den Eindruck hatte, dass sie eine Angestellte unter Gross sei, müsste endlich versucht werden, mehr sportliche Kompetenz in den Verein zu holen. So dass man sich bei einer allfälligen Trainerfrage auf den Rat von Fachleuten verlassen kann.
Und was ist mit uns Fans? Was sollen wir davon halten? Status quo oder (endlich) ein neues Gesicht an der Linie und damit auch eine andere Spielkultur? Sagen wir es mal so: Eigentlich sollte es uns egal sein, wer unter uns FCB – Trainer ist. Sollten wir Ende Saison nicht Meister werden, wäre das sicher ein herbe Enttäuschung und eine bittere Pille, in Anbetracht der Tatsache, dass neben uns entweder die behämmerten Berner oder die verfickten Zürcher den Titel holen werden. Jedoch sollte der Erfolg nicht unser Antrieb sein – unser Antrieb muss diese unbändigbare Leidenschaft sein. Sie lässt uns nun gegen Ende der Saison wieder zu Höchstform auflaufen und unsere Mannschaft nach vorne treiben. Wenn uns das gelingt, gelingt der Mannschaft viel mehr, egal wer unter uns Trainer ist!